06.07.2016

Verhandlungen der Claims Conference mit Deutschland führen zu deutlicher Mittelerhöhung bei häuslicher Betreuung für Holocaust-Überlebende

Die Claims Conference hat mit der Bundesregierung eine Vereinbarung über eine bedeutende Erhöhung der Mittel für die häusliche Betreuung von bedürftigen Holocaust-Überlebenden getroffen. Die Vereinbarung umfasst die kommenden Jahre bis und einschließlich 2018.

„Betagte Holocaust-Überlebende, die die größten menschlichen Abgründe durchlebt haben, brauchen heute Hilfe, damit sie ihre letzten Jahre in der Bequemlichkeit und Geborgenheit ihres Zuhauses verbringen können. Sie, die Ghettos und Lager überlebt haben, verdienen es, dass sie ihren Lebensabend unter würdigen Bedingungen verbringen können“, sagte Greg Schneider, Executive Vice President der Claims Conference.

Vorbehaltlich der Zustimmung durch den Deutschen Bundestag stehen in den kommenden zwei Jahren rund 450 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus einer Erhöhung des Fördervolumens für 2017 um 100 Millionen Euro und einem Gesamtbudget für 2018 in Höhe von 350 Millionen Euro.

„Wir sind der Deutschen Regierung verpflichtet, dass sie auch 70 Jahre nach der Befreiung zu ihrer bleibenden Verantwortung für die Holocaust-Überlebenden steht“, sagte der Chefunterhändler der Claims Conference, Botschafter Stuart Eizenstat. „Wir haben mit großem Einsatz daran gearbeitet, dass diese Vereinbarung mit der Bundesregierung zustande kam. Die Holocaust-Überlebenden sollen wissen, dass wir alles daransetzen, damit sie in Würde leben können und die notwendige Hilfe erhalten“.

In Gesprächen, die in dichter Folge über einen Zeitraum von acht Monaten stattfanden, konnte die Claims Conference die Bundesregierung bewegen, dem erheblichen und zunehmenden Fehlbedarf bei der häuslichen Betreuung von Holocaust-Überlebenden in aller Welt entgegenzuwirken. Der Maximalbedarf ist jedoch noch nicht erreicht, da die heute noch lebenden NS-Opfer zunehmend älter, dabei aber auch schwächer und pflegebedürftiger werden.

„Seit 65 Jahre kämpfen wir für die Rechte von Überlebenden. Das neue Abkommen ist von großer Bedeutung für die gebrechlichen, bedürftigen und behinderten Überlebenden“, sagte der Präsident der Claims Conference, Julius Berman.

Im Dezember 2015 war eine hochrangige Arbeitsgruppe eingerichtet worden, der Vertreter der Claims Conference und der Bundesregierung angehörten. Sie hatte den Auftrag, die bestehende Vereinbarung über häusliche Betreuung zu überarbeiten. Seit Ihrer Einrichtung ist die Arbeitsgruppe in kurzen Intervallen zusammengekommen.

„Betagte Holocaust-Überlebende, die die größten menschlichen Abgründe durchlebt haben, brauchen heute Hilfe, damit sie ihre letzten Jahre in der Bequemlichkeit und Geborgenheit ihres Zuhauses verbringen können. Sie, die Ghettos und Lager überlebt haben, verdienen es, dass sie ihren Lebensabend unter würdigen Bedingungen verbringen können“, sagte Greg Schneider, Executive Vice President der Claims Conference.

Der Vereinbarung zufolge stellt die Bundesregierung im Jahr 2016  281,75 Millionen Euro zur Verfügung, 315 Millionen Euro im Jahr 2017 und 350 Millionen Euro im Jahr 2018. Die frühere, 2013 getroffene Vereinbarung hatte ursprünglich 210 Millionen Euro für 2016 und 215 Millionen Euro für 2017 vorgesehen. Die alte Vereinbarung hatte das Jahr 2018 nicht mit umfasst. Zusätzlich war Ende 2015 ein Plus von 35 Millionen Euro als Ausgleich für den Kursverfall des Euro, zahlbar im Haushaltsjahr 2016 vereinbart worden. Einzelheiten der Vereinbarung werden in den kommenden Monaten geregelt.

Derzeit sorgt die Claims Conference für die häusliche Betreuung von rund 67.000 betagten Überlebenden und stellt sonstige Dienstleistungen wie medizinische Betreuung, Mahlzeiten und finanzielle Notfallhilfe für weitere 121.000 Überlebende bereit. Dabei arbeitet sie mit 240 Sozialagenturen in 46 Ländern zusammen. Dank der neuen Vereinbarung kann die Hilfe für Holocaust-Überlebende weltweit erhöht werden.

Die Gelder tragen dazu bei, dass betagte Überlebende bei Alltagsverrichtungen wie Baden, Anziehen, Kochen, Medikation und Toilettengängen unterstützt und ihr Verbleib im gewohnten Zuhause sichergestellt werden.

Ferner konnte die Claims Conference erreichen, dass die zuvor limitierte Anzahl der Wochenstunden von 25 auf 40 Betreuungsstunden in der Woche erhöht wurde. Überlebende, die in Lagern, Ghettos und im Versteck/ falsche Identitä (entsprechend der Kriterien des Artikel 2/CEEF-Fund ) überlebt haben, unterliegen keiner Limitierung der Wochenstunden. Mangels von Seniorenheimen, Einrichtungen für betreutes Wohnen oder seniorengerechter Wohnungen sind auch NS-Opfer in den Ländern des früheren Ostblocks von der Stundenlimitierung ausgenommen.

Die Erhöhung der Mittel für häusliche Betreuung wird ab Januar 2017 wirksam. Die Verteilung hängt im Wesentlichen von den Bedarfen in den einzelnen Gemeinden und den Kapazitäten der örtlichen Wohlfahrteinrichtungen ab.

Die Finanzierung durch die Bundesregierung wird ergänzt durch Mittel, die die Claims Conference aus Verkaufserlösen von restituierten jüdischen Vermögenswerten erwirtschaftet und in soziale Dienstleistungen steckt; daneben stehen Gelder der Harry and Jeanette Weinberg Foundation, der Österreichischen Regierung sowie aus dem Schweizer Banken-Abkommen zur Verfügung.

2016 wird die Claims Conference insgesamt 415 Millionen Euro für soziale Dienstleistungen zugunsten von Holocaust-Überlebenden aufwenden. Rund 420 Millionen Euro werden in diesem Jahr als direkte Entschädigungszahlungen im Rahmen der vier bestehenden Entschädigungsprogramme der Claims Conference an rund 80.000 Holocaust-Überlebende verteilt.