Diskriminierung, Arisierung und Vernichtung der Juden in Deutschland

Nach der Weimarer Verfassung von 1919 war allen Staatsbürgern die Gleichheit vor dem Gesetz zugesichert. Dies änderte sich schlagartig mit der Machtübernahme Hitlers am 20. Januar 1933. Die von gewalttätigen Ausschreitungen begleiteten Boykottaktionen vom März/April 1933 bildeten  den Auftakt einer beispiellosen sich radikalisierenden Judenverfolgung, die die Juden nach und nach aus dem gesamten Wirtschafts- und Erwerbsleben verdrängte, ihnen die Lebensgrundlage entzog und sie von der übrigen Gesellschaft vollständig isolierte.

Am 7. April 1933 erließ Hitler das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“, das unter anderem die Pensionierung der jüdischen Beamten und den Verlust der Zulassung für jüdische Juristen verfügte. Es war das erste von mehr als 2000 Sondergesetzen, Verordnungen und Verfügungen, die im Verlauf der Naziherrschaft gegen jüdische Bürger erlassen wurden.

Einen ersten Höhepunkt fanden die Diskriminierungen in dem Erlass der so genannten Nürnberger Gesetze im Herbst 1935. Das Reichsbürgergesetz und das Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre schloss Juden nun endgültig als Fremdblütige aus der deutschen Volksgemeinschaft aus. Damit wurden Juden formell jedes rechtlichen Schutzes beraubt.

Immer mehr Juden waren jetzt gezwungen, ihren Betrieb oder ihr Geschäft weit unter Wert zu verkaufen, um von dem mageren Erlös zu leben oder aber auswandern zu können. Zahlreiche Berufsverbote und andere diskriminierende Einschränkungen zerstörten binnen kurzer Zeit die wirtschaftliche Existenz der Juden in Deutschland. Die verbliebene jüdische Bevölkerung verarmte stetig.

Bis  Anfang 1938 waren schon rund 40 % der ehemaligen jüdischen Bevölkerung des deutschen Reiches vertrieben worden und hatten die Flucht in die Emigration gesucht. Ihr Vermögen hatten sie größtenteils verloren oder zurücklassen müssen.

Mit dem Jahr 1938 begann die zweite Phase der „Arisierung“, die zur endgültigen Liquidierung  jeder wirtschaftlichen Tätigkeit von Juden in Deutschland führte.  Der nationalsozialistische Staat erließ in kurzer Folge eine Flut von Maßnahmen, die die Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben zum Inhalt hatte. Treuhänder wurden eingesetzt, deren Aufgabe es war, Unternehmen zu arisieren.  Diese Zwangsarisierung galt für alle jüdischen Geschäfte, Fabriken und Werkstätten, die zu dieser Zeit noch existierten. Die profitablen Betriebe wurden zur attraktiven Beute deutscher Firmen, eine Vielzahl jüdischer Unternehmen wurde schlicht liquidiert, die Vermögenswerte verschleudert und so der Markt zugunsten ihrer deutschen Konkurrenten bereinigt. In der Folge der staatlich inszenierten Reichspogromnacht endete jede eigenständige wirtschaftliche Existenz von Juden in Deutschland. 

Mit dem Beginn der Deportation und der organisierten Vernichtung der übrig gebliebenen jüdischen Bevölkerung beginnt zugleich das letzte Kapitel der staatlich perfektionierten  und bürokratisch organisierten Ausplünderung jüdischen Vermögens, die zuletzt noch nicht einmal vor den Leichen der Ermordeten halt machte. Auf der Grundlage der 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz verfiel das gesamte Vermögen eines deutschen Juden dem deutschen Reich. Insbesondere die deutschen Finanzbehörden waren auf vielfältige Weise daran beteiligt, jüdisches Vermögen aufzuspüren und zugunsten der Reichskasse einzuziehen, während die Deportation der Juden in die Vernichtungslager des Ostens einsetzte.

Die Vernichtung des europäischen Judentums und die staatlich organisierte und kontrollierte Ausplünderung jüdischen Vermögens griffen so Hand in Hand. Die Geschichte der nationalsozialistischen Judenverfolgung ist zugleich die  Geschichte eines staatlich organisierten Raubmordes an der jüdischen Bevölkerung Europas.