Artikel 2: Übersicht

 

Seit den ersten Verhandlungen im Jahr 1952 hat sich die Bundesregierung grundsätzlich zu ihrer Verpflichtung bekannt, Holocaust-Überlebenden eine Entschädigung zu zahlen. Anders das kommunistische Ostdeutschland, das  trotz zahlreicher Vorstöße der Claims Conference jegliche Verantwortung abgelehnt hatte.

Die Claims Conference hat mehr als 100.000 Anträge von Holocaust-Überlebende in diesem Programm bestätigt und rund $ 4,9 Milliarden ausgezahlt.

Als 1990 West- und Ostdeutschland den Einigungsvertrag verhandelten, bestand die Claims Conference darauf, dass das wiedervereinigte Deutschland nunmehr seiner Verpflichtung nachkommen müsse und Holocaust-Überlebende, die bis dahin nur geringfügige oder gar keine Entschädigungsleistungen erhalten hatten, zu entschädigen.

Mit aktiver Unterstützung der US-Regierung wurden intensive Verhandlungen mit der Deutschen Regierung geführt. Als Resultat wurden im Artikel 2 des Einigungsvertrags vom 3. Oktober 1990 weitere Entschädigungsleistungen zugesagt: "[…] In der Kontinuität der Politik der Bundesrepublik Deutschland ist die Bundesregierung bereit, mit der Claims Conference Vereinbarungen über eine zusätzliche Fondslösung zu treffen, um Härteleistungen an die Verfolgten vorzusehen, die nach den gesetzlichen Vorschriften der Bundesrepublik Deutschland bisher keine oder nur geringfügige Entschädigungen erhalten haben.“ 

Als Ergebnis wurde nach 16-monatigen schwierigen Verhandlungen die Vereinbarung getroffen, die als der Artikel 2-Fonds bekannt ist. Die Entschädigung wird in Form einer monatlichen Beihilfe von derzeit € 600 gezahlt.

Die Claims Conference führt auch weiterhin Verhandlungen mit Deutschland, um eine Erweiterung der Berechtigungskriterien für die laufenden Leistungen aus dem Artikel 2- sowie aus dem Mittel- und Osteuropafonds (CEEF) zu erreichen.

Folgende Ergebnisse konnten bisher in Verhandlungen u.a. erreicht werden:

 

  • Mitte der 90er Jahre wurden Beihilfen im Artikel 2-Fonds aufgrund der Liberalisierung der Berechtigungskriterien für circa 25.000 zusätzliche Antragssteller bewilligt. Bis dahin beschränkte sich die Berechtigung im Artikel 2-Fonds auf diejenigen Überlebenden, die alle Bedingungen des Fonds erfüllten, einschließlich einer Einkommensobergrenze von US $ 16.000 für Alleinstehende und US $ 21.000 für Ehepaare. Diese Einschränkung wurde gelockert, als die Claims Conference erreichte, dass Leistungen der Sozialversicherung für Personen im Alter von über 70 Jahren bei der Berechnung des Jahreseinkommens nicht mehr herangezogen werden müssen.
  • 1999 wurden unter der Voraussetzung, dass alle anderen Kriterien des Fonds erfüllt werden, weitere Gruppen von Überlebenden als leistungsberechtigt anerkannt – so u.a. Juden, die in Sonderlagern in Österreich, in den Kupferminen von Bor, in Jugoslawien oder in ungarischen Arbeitskommandos an der ukrainischen Front inhaftiert waren.  Dass dieser  Personenkreis als Ergebnis der Verhandlungen der Claims Conference zusätzlich Beihilfen aus dem Artikel 2 Fonds erhalten konnte, führte zu einer Erhöhung des Entschädigungsaufkommens der Bundesregierung um jährlich 45 Millionen DM.
  • 2002 stimmte die Deutsche Regierung der Anerkennung weiterer bis dahin nicht anerkannter Lager und Arbeitskommandos in Rumänien und andernorts zu. Dadurch konnten weitere Antragsteller im Artikel 2- Fonds und im CEEF als leistungsberechtigt anerkannt werden.
  • 2003 verhandelte die Claims Conference eine Anhebung der Zahlungen im  Artikel 2-Fonds und im CEEF, die an Erhöhungen der Renten nach dem Bundesentschädigungsgesetz gekoppelt wurden, sowie die Einbeziehung weiterer, bisher nicht anerkannter Lager in Ungarn. Zusätzlich können seitdem bestimmte Personen, die zur Zeit der Verfolgung Staatsbürger westlicher Länder waren und die bisher keine Anträge stellen konnten, nunmehr unter bestimmten Voraussetzungen Zahlungen im Artikel 2 -Fonds erhalten.
  • 2004 verhandelte die Claims Conference erfolgreich die Berücksichtigung von bis dahin nicht anerkannten Lagern in Bulgarien sowie Zahlungen an Personen über 18 Jahren, die während der Verfolgung entweder illegal, unter falscher Identität oder mit falschen Papieren lebten, und ansonsten alle anderen Berechtigungskriterien der Fonds erfüllen.
  • 2005 verhandelte die Claims Conference erfolgreich die Leistungsberechtigung von Holocaust-Überlebenden, die wenigstens sechs Monate in bestimmten Arbeitslagern in Ungarn, Tunesien, Marokko und Algerien inhaftiert waren, und die ansonsten alle anderen Berechtigungskriterien der Fonds erfüllen.
  • 2006 wurde die Anerkennung von Inhaftierten dreier tunesischer Internierungslager bei Vorliegen aller übrigen Berechtigungskriterien erreicht.
  • 2007 erreichte die Claims Conference bedeutende Liberalisierungen hinsichtlich der Einkommensvoraussetzungen zur Berechtigung im Artikel 2-Fonds.
  • 2008 hat die Claims Conference ein Abkommen für Holocaust Überlebende getroffen, die während ihrer Verfolgung Staatsangehörige westeuropäischer Länder waren und in Konzentrationslagern oder Ghettos inhaftiert wurden oder Familienangehörige verloren haben und Zahlungen aus einer deutschen Quelle erhalten haben und nun erstmals berechtigt sind, Beihilfen aus dem Artikel 2-Fonds zu erhalten. Diese Regelung betrifft jene Holocaust-Überlebenden aus Westeuropa, die zuvor eine Zahlung aus einem der zahlreichen Entschädigungsabkommen erhalten hatten, die Deutschland mit seinen Nachbarländern für deren Staatsangehörige getroffen hat. Die Vereinbarung wurde 2010 nochmals erweitert, um weitere Überlebende einzubeziehen.
  • 2010 erklärte sich die Deutsche Regierung bereit, eine Einzelfallprüfung von Anträgen von Überlebenden vorzunehmen, die weniger als sechs Monaten in einem Konzentrationslager inhaftiert waren.
  • 2011 verhandelte die Claims Conference eine Reduzierung der für die Berechtigung erforderlichen Haftzeiten im Ghetto oder für Leben im Versteck  von 18 auf 12 Monate. Zusätzlich sind Holocaustüberlebende die 75 Jahre oder älter sind und in einem Ghetto länger als drei Monate, aber weniger als 12 Monate inhaftiert waren, berechtigt, eine besondere Rente zu erhalten.
  • 2012 hat die Bundesregierung zugestimmt, dass die Rente für  Holocaustüberlebende über 75 Jahre, die in einem Ghetto zwischen 3 und 11 Monaten inhaftiert waren, unabhängig vom Alter an alle berechtigten Überlebenden, die unter diesen Bedingungen gelebt haben, gezahlt werden kann und dass die Höhe der Beihilfen auf 300 Euro erhöht wird. Für Holocaustüberlebende, die unter falscher Identität oder im Versteck  auf deutsch besetztem Gebiet gelebt haben, wurde eine Reduzierung der erforderlichen Mindesthaftzeiten von 12 auf 6 Monate erreicht.
  • 2013 erreichte die Claims Conference eine Erhöhung der Einkommensgrenze von US$ 16.000 auf US$ 25.000 für Antragsteller ab Stichdatum 1. Juli 2013. Zusätzlich hat die Bundesregierung zugestimmt, ab 1. Januar 2014 bestimmte so genannte „offene Ghettos“ anzuerkennen.
  • Im Laufe der Jahre konnten kontinuierliche Erhöhungen des Auszahlungsbetrages erreicht werden.
  • Bitte beachten Sie: Der Betrag der Artikel 2-Entschädigung wird von der Bundesregierung festgelegt und ist ein fixer Euro-Betrag. Wechselkursschwankungen zwischen Euro und anderen Währungen können den Auszahlungsbetrag in lokalen Währungen beeinflussen.

Bitte beachten Sie: Der Betrag der Artikel 2-Fonds Beihilfe wurde von der Deutschen Regierung bestimmt und ist ein festgelegter Eurobetrag. Wechselkursschwankungen zwischen dem Euro und anderen Währungen haben Auswirkungen auf die Höhe der Entschädigungszahlung, wenn der Euro in andere Währungen umgetauscht wird.