Überblick

Die Rückgabe von Judaica ist nicht per se ein wichtiges Unterfangen, sondern ist zugleich ein sichtbarer Beitrag zur Geschichte der Schoah und des Gedenkens an sie. Bereits unmittelbar nach dem Ende der Schoah war die Rückgabe von Judaica Gegenstand weitreichender Restitutionsanstrengungen. Als „Judaica“ werden alle historischen und literarischen Zeugnisse des Judentums verstanden. Inbegriffen sind nicht nur Sakralgegenstände (tashmishey kedusha) oder Kultgegenstände, die für die Durchführung bestimmter Riten und Gebote (tashmishey mitzvah) benötigt werden, sondern auch Archive und Bibliotheken, und zwar sowohl religiöses Schriftgut betreffend wie auch solches, das sich mit jüdischen Organisationen und mit jüdischem Leben im Allgemeinen befasst. Priorität auf diesem Gebiet genießt derzeit das Zusammentragen von Informationen über Judaica, die sich in nicht-jüdischem Besitz befinden, insbesondere dort, wo solche Judaica gefährdet sind (z.B. in Osteuropa).

Wir verweisen auf vier Projekte in diesem Bereich:


• Deskriptiver Katalog geraubter Judaica:

Die World Jewish Restitution Organization (WJRO) und die Conference on Jewish Material Claims Against Germany (Claims Conference) haben einen deskriptiven Katalog geraubter Judaica zusammengestellt. Erstmals seit Ende des Zweiten Weltkriegs bietet der deskriptive Katalog geraubter Judaica eine momentane Bestandsaufnahme der Kenntnisse über das Schicksal von Judaica, die von Nazi-Deutschland und seinen Verbündeten geraubt worden sind.

Einer zusammenfassenden Darstellung des Raubs von Judaica durch die Nazis und der diesbezüglichen Restitutionsbemühungen in den Nachkriegsjahren schließen sich Informationen über die heutige Situation in 47 Ländern an. Sofern bereits initiiert werden die jeweiligen landesspezifischen Projekte zur Identifizierung von geraubten Judaica beschrieben; es folgt eine Diskussion über Judaica-Bestände im Lande, von denen bekannt ist, dass sie geraubt wurden oder deren Provenienz lückenhaft ist, soweit sie in Datenbanken, Publikationen oder anderen Quellen identifiziert werden konnten. In einigen Fällen sind Detailinformationen über Einzelobjekte verfügbar, in anderen Fällen liegen nur allgemeine Beschreibungen ganzer geraubter Sammlungen vor. Der deskriptive Katalog geraubter Judaica enthält ferner ein Verzeichnis von relevanten Archiven, eine Bibliographie sowie eine Liste führender Experten in aller Welt.

Die Zusammenstellung führt Informationen aus veröffentlichter und unveröffentlichter Fachliteratur und Archiven zusammen sowie Auskünfte von Experten aus den jeweiligen Ländern.
Damit soll keineswegs bereits getane Arbeit wiederholt oder dupliziert werden, sondern es geht darum, einen besseren Zugang zu schaffen und wichtige Informationen zum Thema so zu kompilieren, dass eine lesbare Form für die Forschung entsteht.

 

• Die Erstellung von Anleitungsmaterial zur Provenienzrecherche von Judaica:

Materialien sollen erstellt werden, um Kuratoren, Archivare und Bibliothekare mit den Details der Provenienzrecherche vertraut zu machen.


• Strategische Projekte für die Provenienzrecherche von Judaica:

Im Rahmen der Projektförderung sollen Projekte unterstützt werden, die die Lokalisierung und Katalogisierung von jüdischen Sammlungen zum Inhalt haben, die während des Holocaust verschleppt und verstreut wurden.


• Sicherungsmaßnahmen und erweiterte Registrierung von Torah-Rollen in Osteuropa:

Verschiedene Organisationen sollen zusammengebracht werden, um eine Kampagne zur Registrierung von Torah-Rollen in Osteuropa und in der ehemaligen Sowjetunion zu koordinieren. So können Provenienzrecherche gefördert, Diebstahl und Schwarzmarktaktivitäten eingedämmt und zugleich Grundlagen geschaffen werden für Gespräche über die Restitution von Torah-Rollen, die sich derzeit in Regierungsbesitz befinden.
Erst kürzlich konnten die zuständigen Organisationen und Personen in der Ukraine mit Informationen über das Universal Torah Registry und Machon Ott versehen werden.

Dank dieser und weiterer Aktivitäten in der Zukunft werden die Claims Conference und die WJRO alle Anstrengungen unternehmen, so viel Informationen zum Thema wie möglich zugänglich machen und Sorge für ein faires und gerechtes Verfahren zur Umsetzung von Ansprüchen zu tragen.