Obwohl eine Reihe von Länder Verlustlisten von Kulturgütern zusammengestellt haben, hat es bis heute keinen Versuch gegeben, die von den Nationalsozialisten geraubten Kunst-und Kulturgüter, die noch nicht zurückgegeben wurden, in ihrer Gesamtheit zu erfassen. Stattdessen richtet sich der Fokus auf die Überprüfung der Provenienz von Museumssammlungen und auf Ansprüche, die von einzelnen Überlebenden oder den Erben der ursprünglichen Eigentümer angemeldet wurden. In den seltensten Fällen haben Familien oder Gemeinden genaue Kenntnis davon, was ihnen weggenommen wurde. Kunsthändler, bedeutende Sammler und Institutionen haben mitunter Bestandslisten, Bibliothekskataloge oder Archivverzeichnisse aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg; oft genug jedoch haben solche Verzeichnisse – ebenso wie ihre Eigentümer – den Holocaust nicht überlebt.
Die große Mehrheit der Millionen Menschen, die beraubt wurden, besaßen keine vergleichbaren Listen oder Kataloge. Die Claims Conference/WJRO will versuchen, die historischen Archivbestände zu rekonstruieren und die von den Nationalsozialisten und ihren Verbündeten geraubten Gegenstände in Listen zu erfassen und Verzeichnisse von Kultusobjekten zu erstellen, die noch zurückgegeben oder restituiert werden müssen.
Das Vorhaben stellt gewissermaßen einen Paradigmenwechsel auf diesem Gebiet dar. Statt die aktuellen Sammlungsbestände der Museen zu überprüfen und Such- und Findlisten von im Zuge des Zweiten Weltkriegs bewegten Objekten auszuwerten, sollen die originalen Besitzstandverzeichnisse der Objekte rekonstruiert werden, die geraubt wurden, und mit den detaillierten Beuteaufzeichnungen der Nationalsozialisten zusammengeführt werden.